Rinderzucht

Durch die Rinderhaltung wird wertvolles Protein in Form von Milch und Fleisch erzeugt. Dazu fressen Rinder vor allem für den Menschen nicht verdauliche Pflanzenproteine. Sie wandeln diese in wertvolles Protein (Milch oder Fleisch) um. Rinder verwerten nicht nur Gras (Heu, Silage), sondern auch Zwischenfrüchte der landwirtschaftlichen Fruchtfolge sowie Nebenprodukte aus der Lebensmittelproduktion und bei der Ernte anfallende Koppelprodukte (z.B. Stroh). Rund 80 bis 85 % dessen, was Rinder verwerten, ist nicht für die menschliche Ernährung geeignet.

FBF Kuh Cartoon

Copyright: Erfolgsgeschichte Tierzucht

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Die Rinderzucht und -haltung muss sich den sich verändernden Rahmenbedingungen anpassen und tut dies seit vielen Jahrzehnten. Dazu zählen die Anpassung an die gesellschaftlichen und politischen Erwartungen sowie den Klimawandel. Die Erhöhung der Milchleistung insbesondere in den Milchrassen ging mit Anpassungen des Managements und der Technik einher. Die Merkmale, die in der Zucht berücksichtigt werden, sind breiter gestreut und umfassen komplexere Merkmale wie die Gesundheit. Die Möglichkeiten der Nutzung von genetischen Markern hat zu großen Fortschritten in der Rinderzucht beigetragen.


Die Zuchtziele

Die Zuchtziele bei den Milchrassen (hier: Deutsche Holstein) haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Dominierte die Milchleistung bis 1996 noch als alleiniges Merkmal, sind im Laufe der Jahre Merkmale wie Gesundheit, Nutzungsdauer und Fruchtbarkeit in den Vordergrund gerückt. Die deutsche Holsteinzucht führte erstmals im April 2019 direkte genomische Gesundheitszuchtwerte ein. Die Gesundheitszuchtwerte zeigen auf, welche Vererber widerstandsfähige Nachkommen hervorbringen. Sie verbessern damit effektiv, schnell und zielgenau die Tiergesundheit in der Herde ohne auf Leistung verzichten zu müssen.

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Viel hilft viel

Viel hilft viel ist nicht das Motto der Rinderzucht, denn Leistungsgrenzen sind genetisch festgelegt und können nicht überschritten werden. Diese Grenzen sind jedoch tier- und rasseindividuell. Kühe geben soviel Milch, weil insbesondere in den Milchrassen bereits die Grundlage für eine hohe Milchleistung vorhanden war. So ist die Milchmenge züchterisch leicht zu verbessern. Bei der Betrachtung der Veränderung der Milchleistung ist es wichtig zu beachten, dass die tatsächliche Milchleistung der Kühe von vielen Faktoren abhängt. Eine optimale Versorgung mit Energie und Nährstoffen ist wichtig, um eine hohe Milchleistung zu gewährleisten ohne negativen Einfluss auf die Gesundheit der Kühe.

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Die Steigerung der Milchleistung wurde nicht ausschließlich durch die Zucht erreicht. Neben der Zucht wurden auch die Haltung, Fütterung, Technik und Management über viele Jahrzehnte optimiert und den Bedürfnissen der Milchkühe angepasst. Galt vor einigen Jahren noch die Erhöhung der Milchleistung als übergeordnetes Ziel, setzten Züchter heute auf vielfältige Merkmale. In der deutschen Holstein Population beispielsweise fand bis 1996 ausschließlich die Milchleistung in der Zuchtwertschätzung Beachtung. Bis 2008 bestand der Gesamtzuchtwert der deutschen Holstein Population weiterhin zu 50% aus den Kennzahlen der Milchleistung. Erst ab 2008 wurden andere Zuchtwerte in größerem Maße berücksichtigt. Gesundheitsmerkmale und damit verbundene Merkmale des Körperbaus und der Fitness stehen seit 2021 im Vordergrund.

Die Informationen zur tierindividuellen Milchleistung aus der Milchleistungsprüfung (MLP) werden auch für die Zuchtwertschätzung verwendet. In der Zucht wird die Milchleistung als indirektes Merkmal berücksichtigt. Da die Zuchtwertschätzung insbesondere auf die Bullen abzielt, werden deren Zuchtwerte aus den Informationen deren weiblichen Verwandten genommen. Aufgrund der hohen Heritabilität und sicheren Merkmalserfassung durch die Milchleistungsprüfung, konnte die Selektion auf eine höhere Milchleistung so erfolgreich sein. Für die Schätzung des Zuchtwertes für die Milchleistung werden verschiedene Informationen berücksichtigt. Einzelzuchtwerten für die Fettmenge (in kg) und Eiweißmenge (in kg) werden in rassespezifischer Gewichtung zusammengefasst. Dazu werden das Kalbealter für die Laktationen 1, 2 und 3 berücksichtigt (20 bis 40, 30 bis 56 und 44 bis 75 Monate), der Kontrolltag der Erhebung der Daten (5. bis 330. Laktationstag) sowie die vollständige Abstammungsinformationen bei Vater, Mutter und Muttersvater.

Die Milchleistung hat sich seit 1960 in den meisten Rinderrassen, ob Milchbetont oder Zweinutzung und intensiv oder extensiv, gesteigert. Dabei waren die prozentualen Veränderungen insbesondere in den 1970er und 1990er Jahren höher. Bei den intensiven und milchbetonten Rassen Holstein Rotbunt und Holstein Schwarzbunt waren diese Veränderungen ebenfalls deutlich, die prozentualen Veränderungen jedoch nicht höher als die in anderen weniger intensiven Rassen bzw. Doppelnutzungsrassen. Holstein Rinder hatten schon zu Beginn der 1960er Jahre eine höhere Milchleistung im Vergleich zu anderen Rassen.


…nicht nur freitags

Rinder sind Umweltschützer – nicht nur freitags. Die Haltungsweise und Nutzungsmöglichkeiten von Rindern in Deutschland sind vielfältig. Ein Teil der Rinder wird in der Landschaftspflege eingesetzt – in diesen Fällen sorgen sie dafür, unbebaute Flächen zu erhalten. Rinder sind ebenfalls Energielieferanten – ihre Gülle dient sowohl als Grundstoff für Biogasanlagen, als auch als wertvoller Dünger auf Feldern. Dank der Rinderzucht ist es gelungen, z.B. die Milchleistung je Kuh deutlich zu erhöhen. Eine moderne Milchkuh produziert heute etwa doppelt so viel Milch pro Jahr als noch vor 50 Jahren. Diese hohe Effizienzsteigerung trägt zur Verringerung der Umweltbelastung bei.

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Nennt jemand die Begriffe Rinderhaltung und Umweltbelastung wird häufig die Methanproduktion der Tiere assoziiert. Doch warum produzieren Rinder Methan? Methan wird von den Bakterien im Pansen produziert. Methan ist also ein Nebenprodukt der bakteriellen Verdauung. Bakterien sind im Verdauungstrakt aller Lebewesen zu finden. Bei Wiederkäuern finden sich besonders wertvolle Bakterienkolonien im Pansen. Dank der Bakterien im Pansen können Wiederkäuer Nährstoffe aus Pflanzen entnehmen und für den Energiebedarf nutzen. Diese Bakterien wiederum erzeugen Methan, welches zum größten Teil, während dem Wiederkäuen durch das Maul ausgestoßen wird. Diese Produktion von Methan ist also notwendig, um die Ernährung der Wiederkäuer sicherzustellen – ohne methanproduzierende Bakterien im Pansen, könnten die Nahrungsstoffe nicht aufgeschlossen werden.


Der Ausstoß von Treibhausgasen der deutschen Rinderhaltung beträgt etwa 34,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (CO2e). Die deutsche Landwirtschaft insgesamt trägt zu 0,13% (etwa 68,4 Millionen Tonnen) der weltweiten Emissionen bei. Weltweit beträgt der Ausstoß an Treibhausgasen etwa 51,8 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente, von denen die deutsche Rinderhaltung einen Anteil von 0,07% hat. Die Emissionen aus der Rinderhaltung sind größtenteils auf den Ausstoß von Methan zurückzuführen. Es bleibt allerdings unberücksichtigt, dass sich die Methanemissionen der Rinder in einem regenerativen Kreislauf befinden.


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Die Daten der FAO zeigen ebenfalls, dass sich die Produktion der Milch in Deutschland trotz der geringen Anzahl Rinder seit einigen Jahren erhöht. Betrachtet man die durchschnittliche Milchleistung der Schwarzbunten Deutschen Holsteins, der wichtigsten Rasse für die Milchproduktion, so sieht man anhand der Daten der Milchleistungsprüfung, dass sich diese seit 1960 mehr als verdoppelt hat. Gab eine Schwarzbunte Holstein Kuh im Jahr 1960 noch 4314 Liter/Jahr, so waren es im Jahr 2020 bereits 9840 Liter/Jahr. Diese Leistungssteigerung ist auch anhand der verbesserten Zuchtwerte der Milchleistung ersichtlich.


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Jeder tut, was er kann!

Rassebedingt unterscheiden sich Rinder der Milchrassen von Fleischrasserindern. Milchrasserinder haben einen geringeren Muskel- und Fettansatz und die Selektion zielt auf eine effiziente Milchproduktion ab. Eine erhöhte Körpermasse bedeutet einen höheren Energiebedarf. Somit wird die Körperkondition der Tiere regelmäßig überprüft, dass insbesondere Milchkühe weder zu dick noch zu dünn werden.

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Zur Körperkonditionsbeurteilung wird der Body-Condition-Score (BCS) genutzt. Er gibt Aufschluss über den Ernährungszustand des Tieres und etwaige Fettdepots. Für Holsteinrinder reicht die Bewertungsskala von 1 (stark abgemagert) bis 5 (stark verfettet). Die Beurteilung von Milchkühen von BCS ist wichtig, da die Tiere zu Beginn der Laktation Körperfett für die Milchproduktion mobilisieren. Kühe mit einem sehr niedrigen BCS haben kaum Körperfettreserven und sind demnach stark gefährdet in dieser Phase zu erkranken.

 


Studien konnten jedoch ebenfalls zeigen, dass Milchkühe mit sehr hohen BCS, also sehr dicke Kühe, ebenfalls ein höheres Risiko gesundheitlicher Probleme haben. Diese Kühe neigen zu einer Ketose in der derzeitigen oder folgenden Laktationen. Es ist ebenfalls wichtig, dass der Verlauf des BCS der Milchkühe während Trächtigkeit und Laktation genau beobachtet wird, da starke Schwankungen ebenfalls negative Folgen für die Kuhgesundheit haben. Eine Kuh-individuelle Fütterung mit Kraftfutter gehört in vielen Betrieben zum Standard.


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Das Exterieur (Körperbau) spielt bei allen Zuchtrindern eine Rolle. Diese unterscheidet sich jedoch zwischen den Rassen. Insbesondere die lineare Beschreibung von Fleischrindern unterscheidet sich von der von Milchrindern. Das Exterieur von Holstein Milchkühen wird dabei anhand von 19 linearen Merkmalen beschrieben. Diese Exterieureinstufung oder Kuheinstufung setzt sich aus vier Komplexen zusammen, Milchtyp (10%), Körper (20%), Fundamente (30%) und Euter (40%). Diese werden jeweils auf einem 100-Punkte System bewertet, wobei eine Einstufung zwischen 65 und 99 möglich ist (maximal 88 Punkte bei Erstkalbskühe, maximal 90 Punkte).


Die Klassifizierung erfolgt durch geschultes Personal basierend auf festgelegte Standards. Auch bei den anderen milchbetonten Rassen und Zweinutzungsrassen wird eine Bewertung des Exterieurs vorgenommen. So werden beispielsweise bei Brown Swiss ebenfalls die Komplexe Rahmen, Becken, Fundament und Euter berücksichtigt . Bei Fleckvieh, Gelbvieh und Pinzgauern werden Rahmen, Bemuskelung, Fundament und Euter klassifiziert. Dabei sind die Merkmale der Bemuskelung ähnlich der des Beckens. Diese Bewertungen dienen ebenfalls der Zuchtwertschätzung sowie der positiven Beeinflussung der Nutzungsdauer.

Es konnte nachgewiesen werden, dass die Exterieurbewertung einen positiven Einfluss auf die Tiere hat. Betrachtet man die Zuchtwerte für die verschiedenen Merkmale, so kann man dort einen positiven Trend beobachten.


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Verschiedene Rassen

Rinderrassen werden in Deutschland in milchbetonte Rassen, fleischbetonte Rassen und Zweinutzungsrassen unterteilt. Die meisten milchbetonten Rinder sind Holstein Friesian Kühe. Man unterscheidet zwischen Rotbunten und Schwarzbunten Holstein Rindern. Deutsches Rotvieh/ Angler und Jersey sind andere milchbetonte Rassen in Deutschland. Bekannte fleischbetonte Rassen, bei denen die Erzeugung von Fleisch im Vordergrund steht, sind zum Beispiel Limousin, Charolais, Angus, Galloway und Blonde d’Aquitaine. Sie zeichnen sich durch eine stärkere Bemuskelung und eine bessere Fleischstruktur im Vergleich zu milchbetonten und Zweinutzungsrassen aus.

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Zu den Zweinutzungsrassen zählen u.a. Deutsche Fleckvieh und Braunvieh/ Brown Swiss Fleckvieh, Gelbvieh, Schwarzbunte Niederungsrinder und Pinzgauer. Bei diesen Rassen ist kein klarer Fokus auf Milch- oder Fleischleistung gelegt, da sie beide Leistungsmerkmale kombinieren. Die Leistung der Zweinutzungsrinder ist jedoch geringer im Vergleich zu den Milch- und Fleischrindern.


Fit für Fun

Die Zucht hat neben der Leistungssteigerung auch in Bezug auf die Gesundheit erhebliche Fortschritte erzielt. Es ist jedoch schwer, diese Erfolge eindeutig von gesundheitlichen Veränderungen aufgrund von Anpassungen im betrieblichen Management zu differenzieren. Zucht kann die Gesundheit beeinflussen - ein Komplex aus Umwelt, Management und Fütterung ist jedoch ebenfalls von großer Bedeutung. Eine Reihe von Erkrankungen stehen mit der Laktation der Kühe in Verbindung. Viele können mit Hilfe von Managementmaßnahmen und Beobachtungen gut kontrolliert werden.

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Die Beobachtung des Konditionsverlaufs der Milchkühe während Trächtigkeit und Laktation wird durch automatische Messsysteme vereinfacht. Informationen aus diesen Systemen können ebenfalls in der Zucht berücksichtigt werden. Weiterhin werden Informationen aus der Milchkontrolle verwendet: Die Zellzahl sowie Informationen über die Milchinhaltsstoffe (z. B. Fett/Eiweiß Verhältnis) können auf gesundheitliche Probleme hinweisen und sind hilfreiche Merkmale.


Mit der Einführung der Gesundheitszuchtwerte im Jahr 2019 können direkte Gesundheitsmerkmale in der Zucht berücksichtigt werden. In den Gesamtzuchtwert wird der Gesamtzuchtwert der Gesundheitsmerkmale (RZGesund) mit 18 % einbezogen. Der Gesamtzuchtwert RZGesund berücksichtigt vier Merkmalskomplexe: Eutergesundheit, metabolische Gesundheit (Stoffwechsel), Klauengesundheit sowie Reproduktion (Fruchtbarkeit). Hier gibt es weitere Informationen zu den Gesundheitszuchtwerten.


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Um die Krankheitsanfälligkeit zu verringern, muss die genetische Robustheit verbessert werden. Durch die gezielte Auswahl von Bullen mit besseren Zuchtwerten und einer verbesserten genetischen Ausstattung in diesen Bereichen kann die Gesundheit der Herde verbessert werden. Da Gesundheit jedoch von der gesamten Haltungsumwelt abhängt, kann eine dauerhafte Verbesserung der Gesundheit nur durch gemeinsame Verbesserung der anderen Faktoren erzielt werden.


Je oller, je doller

Im Laufe der Zeit hat sich das Durchschnittsalter der Milchkühe kaum verändert. Mit dem Alter der Kuh ist die Zeitspanne zwischen ihrer Geburt und dem Abgang - der Schlachtung - gemeint. Der Anteil der Kühe, die aufgrund ihres Alters die Betriebe verließen, war laut den Jahresstatistiken 1960 bis 2020 mit etwa 8 % schon viele Jahrzehnte auf einem moderaten Niveau. Züchterisch betrachtet spielt das Alter der Kuh keine Rolle. Züchterisch relevante Parameter sind hingegen die Nutzungsdauer und die Lebensleistung.

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Die Nutzungsdauer beschreibt den Zeitraum ab der ersten Kalbung bis zum Abgang. Die Nutzungsdauer wird als direktes Merkmal mit 18 % im Gesamtzuchtwert berücksichtigt. Bereits 2015 konnte gezeigt werden, dass die Nutzungsdauer von Kühen verschiedener Rassen ansteigt. So wurden Kühe der Rassen Holstein und Fleckvieh zwei Monate länger genutzt als noch im Jahr 2007. Dies zeigte bereits den positiven Trend, der sich seit 2015 weiterentwickelt hat. Dieser positive Trend wirkt sich auch auf die Lebensleistung der Kühe aus, die sich ebenfalls verbessert hat.


Die Lebensleistung beschreibt die Gesamtleistung der Milchkuh über alle Laktationen hinweg bis zum letzten Prüftag. Sie ist heute meist von größerer Bedeutung als die reine Milchleistung. Die Lebensleistung fließt heute in die Zuchtwertschätzung einiger Rinderrassen z. B. der Holstein Friesian Kühe ein. Beide Parameter sind u. a. für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Betriebes relevant. Betrachtet man die Wirtschaftlichkeit, so sollte eine Milchkuh mindestens drei bis fünf Laktationen auf dem Betrieb verbleiben. Insbesondere der Abgang junger Milchkühe hat einen negativen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit eines Betriebes. Daten zeigen, dass sich die Anzahl der Abgänge in der ersten Laktation in den letzten 20 Jahren von über 34 % auf ca. 20 % reduziert haben.

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Es gibt jedoch vielfältige Gründe für das frühzeitige Ausscheiden der Kühe aus dem Betrieb. Diese sind freiwillig (z. B. durch den Verkauf) oder unfreiwillig (z. B. durch eine Erkrankung). Zu den freiwilligen Gründen zählen ebenfalls Entscheidungen, die aus Sicht des Managements getroffen wurden. Hierzu zählt u. a. der Zuchtfortschritt. Zur Erreichung der Zuchtziele, beispielsweise einem höheren Gesundheitsstatus oder verbesserter Fruchtbarkeit, werden genetisch bessere Kühe benötigt. Färsen ersetzen somit ältere Kühe, sodass diese Verbesserung im Betrieb erreicht werden kann. Die Erfassung der Gründe dafür, dass eine Kuh den Betrieb verlässt, geschieht durch die Betriebsleiter. Da häufig mehrere Gründe zu der Entscheidung führen, ist die eigentliche Abgangsursache nicht immer eindeutig.


Weniger ist mehr

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Die Bemuskelung von Rindern ist stark genetisch beeinflusst. Verschiedene Gene sind für das Muskelwachstum verantwortlich. Durch die gezielte Zucht konnten Fleischrinderrassen mit einem höheren Muskelanteil - Fleischansatz selektiert werden. Bei der Bemuskelung gibt es biologische Grenzen, die nicht überschritten werden. Die Rinderzucht in Deutschland strebt ein ausgeglichenes Exterieur an. Zur Vermeidung von negativen Effekten werden neben der Bemuskelung und dem Wachstum ebenfalls Fruchtbarkeit und Nutzungsdauer in die Zuchtziele von Fleischrindern einbezogen.


In der Rinderzucht gibt es bereits bekannte genetische Marker, welche einen positiven Einfluss auf die Muskelmasse haben. Als extremes Beispiel gelten Rinder der Rasse Weißblaue Belgier. Diese fallen durch eine sehr hohe Bemuskelung auf. Durch eine natürliche Mutation des Myostatin Gens wird das Muskelwachstum bei diesen Tieren nicht gestoppt. Tiere mit dieser Genvariante, auch Doppellender genannt, zeichnen sich zudem durch einen niedrigen Fettansatz aus. Die Wachstumskapazitäten und Zunahmen unterscheiden sich zwischen den Rassen. Milchrassen wie die Deutschen Holsteins haben z. B. deutlich geringere Fleischleistungen, da ihr Spezialgebiet in der Milchproduktion liegt.


Die Fleischmenge hat sich bei Rindern erhöht, eine extreme Bemuskelung wird jedoch in Deutschland verhindert, da sie z. B. negative Folgen für den Kalbeverlauf haben kann. In Bezug auf die Umweltbelastung ist die Erhöhung der Fleischmenge je Rind und ein schnelleres Wachstum effizient.


Der Geschmack von Fleisch hängt stark von der Bearbeitung ab. Selbst wenn die Zucht den Fleischgeschmack in das Zuchtziel integrieren würde, so ist die richtige Bearbeitung von Fleisch essenziell. Im Vergleich zur Schweinezucht werden in der Rinderzucht bei der Selektion weniger Kriterien zur Fleischqualität berücksichtigt. Bei den Fleischrindern werden zwei Merkmalskomplexe berücksichtigt.

Reinzuchtwert Fleisch: Geburtsgewicht, Gewicht und Bemuskelung 200-Tage und 365 Tage (Rassen Angus, Blonde d‘Aquitaine, Charolais, Fleckvieh-Fleisch, Hereford, Limousin, Salers und Uckermärker).

Relativzuchtwert Zuchtleistung: Erstkalbealter, Zwischenkalbezeit, Kalbeverlauf, Totgeburtenrate, Anzahl Kalbungen (Nutzungsdauer) (Rassen Angus, Blonde d‘Aquitaine, Charolais, Fleckvieh-Fleisch, Galloway, Hereford, Highland Cattle, Limousin, Rotes Höhenvieh, Salers und Uckermärker).


Schmerz lass nach!

Rinder, die ohne Anlage von Hörnern geboren wurden, gab es schon immer. Ein großer Teil der Rinderrassen in Deutschland ist jedoch genetisch behornt. Dies führte mitunter zu einigen Problemen durch Verletzungen der Tiere innerhalb der Gruppe sowie Verletzungen der Landwirte. Um diese Probleme zu verhindern, werden Kälber seit vielen Jahren enthornt bzw. werden die Hornanlagen verödet. Dies geschieht frühzeitig und unter Verwendung von Sedativa sowie der Gabe von Schmerzmitteln.

 

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Dieser Vorgang hat jedoch zu Diskussionen über das Tierwohl geführt. Durch die Identifikation des Genortes für die Hornanlage ist es möglich, gezielt genetisch hornlose Tiere zu selektieren. Mit Hilfe des genetischen Tests sind heute viele Rinder genetisch hornlos, sodass kein Eingriff am Tier durch das Veröden der Hornanlage erforderlich ist. Das Vererbungsschema der Hornlosigkeit ist aufgrund des Erbganges und des einzelnen Genortes recht einfach. Nur Rinder, die beide Genorte für behornt tragen, sind behornt. Gemischt-erbige Tiere, also solche die nur einen Genort für Hörner tragen, sind hornlos.

Die Zucht auf Hornlosigkeit ist bereits in vielen Fleischrinderrassen durch phänotypische Selektion erfolgreich gewesen, da sie genetisch verankert ist. In manchen Rassen existieren genetisch hornlose Tiere, welche eigene Zuchtlinien bilden.


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Die Zucht hat somit zu einer Verbesserung des Tierwohls beigetragen und gleichzeitig den Sicherheitsstandard der Landwirte aufrechterhalten. Eine Steigerung des Anteils der genetisch hornlosen Rinder bedeutet, dass innerhalb von nur 5 Jahren (zwischen 2016 und 2021) circa 200.000 genetisch hornlose Kälber (Rasse Holstein rotbunt und schwarzbunt) zusätzlich geboren wurden, die nicht enthornt werden mussten. Dies ist ein erheblicher Beitrag zum Tierwohl durch die Tierzucht.


Scharfe Kurven, dicke Dinger

Milchkühe wurden über viele Jahrzehnte auf Milchleistung selektiert. Ihr Exterieur wurde den Ansprüchen einer Laktation angepasst. Dazu gehören u. a. ein festes Euter und optimale Proportionen der Hüfte, die ein leichtes Abkalben erlauben. Auch der Merkmalskomplex Euter spielt eine Rolle. Aufgepasst: Kühe mit größeren Eutern geben nicht unbedingt mehr Milch.

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Bei der Zucht und Selektion in den Milchrassen liegt der Schwerpunkt auf einem ausgeglichenen Euter. Die Eutergröße ist kein Bestandteil der Merkmalsbeschreibung. Die Eutertiefe hingegen wird als Merkmal berücksichtigt, wobei tiefhängende Euter nicht erwünscht sind, da sie ein höheres Risiko von Eutererkrankungen bergen. Von Bedeutung ist die Platzierung von Euter und Zitzen sowie die Festigkeit des Euters. Viele dieser Merkmale sind für die Melkbarkeit und auch für die Eutergesundheit von Bedeutung.


Die Eutergesundheit ist eines der wichtigsten Merkmale bei der Zucht von Milchrindern. Eine stabile Milchproduktion und hohe Gesundheit über viele Laktationen sind von großer Bedeutung. Es ist daher wichtig, dass das Euter auch über viele Laktationen gut melkbar ist. Zudem ist entscheidend, dass es in modernen Melksystemen gemolken werden kann. Dies bedeutet auch, dass die Zitzen in einem automatischen Melksystem, auch Melkroboter genannt, erfasst werden können. Die Form des Euters und des Strichs, also der Zitze, sind von Bedeutung. Milchkühe sollten aus diesem Grund bereits früh auf Merkmale selektiert werden, die mit der späteren Milchleistung über viele Laktationen, der Eutergesundheit und der Melkbarkeit in Zusammenhang stehen. Die Selektion aufgrund des Aussehens wird seit vielen Jahren als Indikator für diese Zuchtziele verwendet. Es konnte dort ein Zusammenhang zu den späteren Merkmalen in den Laktationen festgestellt werden. Zur Beurteilung des Rindes werden speziell ausgebildete Klassifizierer eingesetzt. Sie werden nach einem zentralen Standard zertifiziert, um die objektive Beurteilung des Aussehens zu gewährleisten. In die Selektion der Rinder im Hinblick auf das Euter fließen die Merkmalskomplexe Milchtyp und Euter hinein.


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