Schweinezucht

Das Schwein ist eines der wenigen Nutztiere, deren Vorfahren noch heute in der Natur leben. Die heutigen Hausschweinrassen sind Nachkommen aus der Einkreuzung von Wildschweinen in domestizierte Schweine aus dem Nahen Osten. Die Bedeutung der Schweinezucht ist in Deutschland geschichtlich verankert. Besonders in Gebieten mit geringen Erträgen aus der Bodenwirtschaft, spielten Schweine eine wichtige Rolle für die Sicherung der Ernährung. Auch heute sieht man in Gebieten mit schlechteren Ackerböden eine größere Anzahl an schweinehaltenden Betrieben.

Die Schweinezucht ist, im Gegensatz zu der Rinderzucht, in verschiedene Zuchtstufen eingeteilt. Dabei unterscheidet man die Reinzucht, Kreuzungszucht sowie die Produktionsherden. Der genetische Fortschritt, das heißt die tatsächliche Verbesserung der Merkmale geschieht dort ausschließlich in der ersten Stufe, der Reinzucht.

FBF Schwein Cartoon

Die Zuchtziele

Verschiedene Zuchtorganisationen aus Deutschland bestimmen nach wie vor die Schweinezucht in Deutschland. Somit können Zuchtziele, die für Bedeutung in Deutschland sind, individuell angepasst werden. Die Förderung und Erhaltung der bäuerlichen Schweinezucht ist auch vor dem Hintergrund der starken internationalen Unternehmen von Bedeutung. Die Zuchtunternehmen in Deutschland können somit auch auf gesellschaftliche Trends eingehen. Während bis in die 2000er Jahre der Schweinefleischkonsum noch stieg, so sind heute die Ansprüche in anderen Aspekten gestiegen.

Copyright: Erfolgsgeschichte Tierzucht

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Schlagwörter wie Tierwohl stehen im Mittelpunkt und haben und werden die Schweinezucht auch in der Zukunft verändern. Die Zuchtziele in der Zukunft stehen heute noch nicht fest. Es werden jedoch komplexere Merkmale erhoben, deren Aufzeichnung zeit- und kostenintensiver sein wird. Der Einsatz von neuen Technologien wie Kameratechniken jedoch auch künstlicher Intelligenz wird heute schon in Kooperationsprojekten zwischen Wissenschaft und Zuchtorganisationen getestet.


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Das Gute darin ist das Gute daran

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Ziel der Schweinezucht ist es, Schweine mit einer guten Fleischqualität und guter Fruchtbarkeit zu züchten.

Da es jedoch schwierig ist, die Merkmale Fruchtbarkeit und Fleischqualität gleichzeitig zu verändern, entschied sich die Schweinezucht bereits vor über 30 Jahren dazu, zwei parallele Linien zu züchten. In dieser Hybridzucht werden zwei grundsätzliche Zuchtlinien bzw. Zuchtrichtungen unterschieden: die Vaterlinien (oder Eberlinien) und die Mutterlinien (oder Sauenlinien).


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Bei der Zucht und Selektion innerhalb der Vaterlinien spielen Wachstum, Effizienz, Fleischquantität und Fleischqualität eine große Rolle. Bei Mutterlinien hingegen fokussiert sich die Zucht auf Muttereigenschaften wie Reproduktion (ausgeglichene Ferkel), Aufzuchtleistung der Ferkel, jedoch auch Gesundheit. Häufig werden Kreuzungssauen in der Schweinehaltung eingesetzt, beispielsweise eine F1 Kreuzung zwischen einer Landrasse und einem Edelschwein.


Diese F1 Sauen können von Betrieben direkt von Vermehrerbetrieben (mittlere Stufe in der Zuchtpyramide) gekauft werden oder auf dem Betrieb gezüchtet werden. An diese Kreuzungssauen werden nun Eber der Vaterlinien angepaart. Als Vaterrassen wird in Deutschland häufig die Rasse Pietrain, oder Duroc eingesetzt. Durch diese Kreuzung ergeben sich verschiedene Vorteile. Zum einen kann die Selektion auf unterschiedliche Merkmale erfolgen. Für die Produktion von Mastschweinen können diese Merkmale kombiniert werden. Dies bedeutet die Geburt von vielen Ferkeln mit guten Wachstums- und Fleischqualitätsmerkmale durch gute Muttereigenschaften der Sau und den Einfluss der Vaterlinien.


Das Fleisch von Schweinerassen mit einem höheren Anteil Fett unterscheidet sich geschmacklich von dem von Rassen mit einem höheren Anteil Magerfleisch. Typische Schweinerassen in Deutschland mit einem hohen Fettanteil sind die alten Schweinerassen Bunte Bentheimer, Schwäbisch-Hällische oder auch das Angler Sattelschwein. Auch Vaterrassen wie Hampshire oder Duroc haben einen höheren Fettanteil im Vergleich zu Pietrain, welches die Vaterrasse der meisten Mastschweine in Deutschland ist. Diese Selektion auf einen höheren Anteil Muskelfleisch und weniger Fett, wurde durch die Nachfrage des Marktes gesteuert. Der Geschmack des Schweinefleisches lässt sich durch die Zucht verändern und Fleischqualitätsmerkmale sind ein wichtiges Selektionskriterium in der Schweinemast. Die Nachfrage nach fettarmen Produkten führte auch zu einer Reduktion des Fettanteils im Fleisch der wichtigsten Schweinerassen. Ein hoher Muskelfleischanteil mit einer geringen Fettauflage und helles Fleisch waren viele Jahre ein wichtiges Zuchtziel. Heute spielt insbesondere der intramuskuläre Fettanteil wieder eine wichtigere Rolle, da Fett ein wichtiger Geschmacksträger im Fleisch ist.


Typische Fleischqualitätsmerkmale sind der pH-Wert im Fleisch, welcher nach 45 Minuten und 24 Stunden gemessen wird. Diese Werte sind ein Indikator für die Fleischqualität, ein zu starker Abfall des pH-Wertes nach 45 Minuten weist auf PSE-Fleisch hin, während der pH-Wert nach 24 Stunden in DFD-Fleisch zu hoch ist. Der pH-Wert sinkt von einem Wert von etwa 7 im Muskel vor der Schlachtung ab und sollte nach 24 Stunden zwischen 5,3 und 5,7 liegen. Sieht man sich die Werte aus den Jahresstatistiken zwischen 1980 und 2010 an, so ist es dort deutlich, dass die pH24 Werte in den wichtigsten Schweinerassen in Deutschland im Bereich zwischen 5,5 und 5,7 lagen, während die pH-Werte nach einer Stunde zwischen 5,4 und 6,6 lagen.

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Weiterhin von Bedeutung sind das Safthaltevermögen beziehungsweise der Tropfsaftverlust. Diese beschreiben das Wasserbindungsvermögen des Fleisches, wie viel Wasser ein Stück Fleisch in einer bestimmten Zeit verliert. Diese Merkmale sind ausschlaggebend für die Saftigkeit des Fleisches. Einige Merkmale werden direkt in der Schweinezucht genutzt. In den Zuchtwerten für die Vaterlinien vieler Zuchtunternehmen werden der pH im Kotelett, der intramuskuläre Fettgehalt, sowie Tropfsaftverlust als Fleischqualitätsmerkmale berücksichtigt. Zudem sind auch die Fleischmenge, Merkmale wie der Fleischanteil, Gewichte wertvoller Teilstücke (Lachs oder Schulter) sowie die Rückenmuskelfläche relevant und werden in einigen Zuchtprogrammen genutzt.


Umweltsau

Bei der Erzeugung tierischer Produkte werden Emissionen freigesetzt. Während bei der Haltung von Wiederkäuern wie Rindern die Methanemission im Vordergrund der Kritik steht, ist es in der Schweinehaltung Stickstoff. Wie auch andere Lebewesen produzieren Schweine Stickstoff, welcher gasförmig in Form von Ammoniak oder Lachgas in die Luft oder in Form von Nitrat in den Boden gelangt. Ein großer Teil der Ammoniakemissionen (70%) stammt aus der Landwirtschaft, etwa 19 % dieser wird der Schweinehaltung zugeteilt.

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Der größte Teil der Ammoniakverluste aus der Schweinehaltung stammt direkt aus den Ställen. Schweine nehmen Stickstoff über das Futter auf und scheiden ihn in Kot und Urin aus. Ein großer Teil des Stickstoffs in der Schweinehaltung ist Teil des Stickstoffkreislaufs. Je nach Haltung der Schweine verbleibt dieser direkt im Boden (Freilandhaltung) oder kann in Form von Festmist (Haltung auf Stroh) oder als Gülle (Haltung auf Spaltenböden) gezielt auf den Feldern als wertvoller Dünger eingesetzt werden.


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Eine angepasste Fütterung ist von Bedeutung für die Reduktion der Emissionen, so werden in der Schweinemast meist verschiedene Futtermittel in unterschiedlichen Phasen der Entwicklung gefüttert. Je nach Wachstumsphase werden dabei die Nährstoffe, insbesondere Protein und Phosphor dem Bedarf der Tiere angepasst. Die Trennung nach Geschlechtern erlaubt eine angepasste Fütterung und somit geringere Verluste wichtiger Nährstoffe in den Fäkalien.


Weiterhin werden Versuche zu den genetischen Unterschieden zwischen Schweinen und den Möglichkeiten einer nährstoffreduzierten Fütterung durchgeführt. Die Stickstoffbilanz der Landwirtschaft insgesamt hat sich seit dem Beginn der Erfassung in den 1990er Jahren verringert.


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Seid fruchtbar und mehret euch

Im Gegensatz zu den anderen größeren Nutztieren wie Rind, Schaf oder Ziege, erzeugen Schweine in der Regel mehr als 10 Ferkel je Wurf. Diese Besonderheit der Schweine wird allerdings häufig von Gesellschaft und Politik kritisiert. Die Zuchtprogramme der meisten Zuchtverbände beinhalten ausgewogene Zuchtziele für die Mutterlinien. Nicht nur die Anzahl der geborenen Ferkel, einem wichtigen Merkmal für die Wirtschaftlichkeit der Betriebe, sondern insbesondere die Gesundheit und Robustheit der Ferkel spielt eine große Rolle.

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Die Zucht auf Mutter- und Vaterlinien erlaubt Sauen auf gute Muttereigenschaften zu züchten. Innerhalb der Mutterlinien spielen die Anzahl der geborenen und aufgezogenen Ferkel, sowie die Überlebenswahrscheinlichkeit der Ferkel eine große Rolle. Betrachtung man die Statistik, so hat sich die Anzahl Ferkel je Wurf in den reinen Rassen bis 2010 nicht gravierend verändert. Veränderungen bei Wurfgröße sind jedoch vor allem nach 2010 ersichtlich da sich das Zuchtziel ab etwa 2000 auf die Erhöhung der Anzahl geborener Ferkel je Wurf fokussierte.


Während sich die Anzahl Ferkel je Sau und Wurf in den wichtigsten Mutterlinien zunächst weniger veränderte, so konnte eine Erhöhung der Anzahl der geborenen und aufgezogenen Ferkel je Sau und Jahr in den Mutterlinien beobachtet werden. Gründe sind die Erhöhung der Anzahl Würfe je Jahr und die Verringerung des Abstands zwischen den Würfen. Dieser Wurfabstand ist von 180 Tagen im Jahr 1955 auf unter 160 Tagen in der Jahresstatistik von 2005 gesunken. Während die Anzahl der geborenen Ferkel zwischen 1955 und 2005 um 15% in der Rasse Edelschwein und 21% in der Rasse Landrasse gestiegen ist, ist die Anzahl der aufgezogenen Ferkel um 24% in Edelschweinen und 32% in der Landrasse gestiegen. Aus den Daten der Erzeugerringdatenbank sind jedoch noch stärkere Änderungen ersichtlich, welche sich nach 2000 ergeben haben.

Auffällig ist jedoch auch, dass sich die Ferkelsterblichkeit mit der Erhöhung der Wurfgrößen stark erhöht haben. Dieser Trend konnte nach 2000 wieder umgekehrt werden. Die Ferkelsterblichkeit war im Jahre 2020 wieder auf dem Niveau der 1990er Jahre, wobei sich die Anzahl der aufgezogenen Ferkel erheblich verändert hat. Dies war die Konsequenz von Änderungen der Zuchtziele. Die Anzahl der aufgezogenen Ferkel wurde in den Vordergrund gerückt. Die Erhöhung der Wurfgrößen bei der Geburt wurde nicht mehr angestrebt. Stattdessen ist nun das Überleben der geworfenen Ferkel wichtig.


Multiresistent

Die Gesundheit ist ein komplexes Merkmal, welches von vielen Faktoren beeinflusst wird. Neben den äußeren Faktoren wie dem Keimdruck, der Anzahl Bakterien, Viren und anderen potenziell gesundheitsgefährdenden Erregern in der Umgebung, spielen auch tierindividuelle Faktoren eine wichtige Rolle. Relevant sind die generelle Konstitution und die Fähigkeit des Körpers Keime abzuwehren beziehungsweise trotz Keimen nicht zu erkranken. Wunden und Blessuren sind als Eintrittspforte für Erreger ebenfalls von Bedeutung. Die Gesundheit geht Hand in Hand mit dem Tierwohl.

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Die Gesundheit geht Hand in Hand mit dem Tierwohl. Wenngleich die Zucht viele der gesundheitsrelevanten Merkmale nur indirekt beeinflussen kann, stehen Gesundheit und somit auch das Tierwohl innerhalb der Zuchtziele an oberster Stelle. Die Vitalität wird z. B. indirekt durch das Überleben der Ferkel nach der Geburt gemessen. Die Langlebigkeit von Sauen wird ebenfalls stark von gesundheitlichen Aspekten beeinflusst. Die Schweinezucht kann an dem bestehenden Keimdruck von außen nichts ändern, sie schafft aber die Voraussetzungen für einen hohen Gesundheitsstatus im Schweinebetrieb.


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Bereits bei der Selektion von Schweinen für die Zucht werden körperliche Voraussetzungen für eine stabile Gesundheit berücksichtigt. Nur gesunde Ferkel ohne genetische Besonderheiten (Erbfehler) werden in der Zucht berücksichtigt. Im Alter von etwa 100 kg werden Schweine bonitiert - ihr Aussehen wird begutachtet. Dabei wird das Gesäuge, die Gliedmaßen und die generelle Konstitution geprüft. Die Anzahl sowie der Zustand der Zitzen ist wichtig. Tiere mit kleinen Zusatz-Zitzen, fehlenden Zitzen oder auffälligen Zitzen werden nicht in der Zucht berücksichtigt. Bei der Auswahl der Zuchttiere ist auch das Fundament (Beine und Pfoten) wichtig. Mit dieser Selektion soll die Langlebigkeit der Schweine sichergestellt werden.


Auch die Selektion auf Vitalität ist für den Gesundheitsstatus von Bedeutung. Schon nach der Geburt bemüht sich die Zucht, die Gesundheit der Schweine zu verbessern. Bei ausgeglichenen Würfen, das heißt alle Ferkel haben ein ähnliches Gewicht, ist der Gesundheitsstatus der Ferkel meist höher. Kleine Ferkel sind häufig lebensschwach und haben Probleme das Gesäuge der Sau schnell zu erreichen und ausreichend schnell Milch zu sich zu nehmen. Das Geburtsgewicht wird also als früher Indikator für die Gesundheit hinzugezogen. Weiterhin wird die Vitalität der Ferkel in die Selektion eingebunden. Auf der mütterlichen Seite wird die Langlebigkeit (Nutzungsdauer) als Kriterium berücksichtigt. Diese wird anhand der Verbleiberate der Sauen in den verschiedenen Würfen aufgezeichnet. Des Weiteren wird auch das Auftreten von Hilfsschleimbeuteln als Indikatormerkmal berücksichtigt. Die Selektion auf Gesundheit wird in erster Linie durch Hilfsmerkmale durchgeführt, denn es ist schwierig direkte Gesundheitsmerkmale zu erfassen.


Die Gesundheit der Schweine wird auch im Rahmen der Schlachtung kontrolliert. Schlachtbetriebe werden durchgehend amtlich kontrolliert. Im Rahmen der Lebendbeschau werden Schweine vor der Schlachtung durch einen ausgebildeten Veterinär begutachtet. Schweine mit deutlichen gesundheitlichen Einschränkungen (beispielsweise deutliche Nabelbrüche), werden von den anderen Tieren vor der Schlachtung abgesondert. Nach der Schlachtung wird auch der Schlachtkörper von einem Veterinär begutachtet. Nur anstandslos begutachtetes Fleisch darf für die menschliche Ernährung genutzt werden. Darüber hinaus existieren betriebseigene und private Kontrollsysteme, welche die Qualität der Schlachtkörper kontrollieren und somit die Produktsicherheit garantieren.


Wer wird denn gleich tot umfallen?

Schweine sind nicht schreckhafter als viele andere Nutztiere. Schweine sind Fluchttiere, das Fluchtverhalten gehört somit zu ihrer natürlichen Verhaltensweise. In den 1970er und 1980er Jahren waren jedoch viele Schweine, insbesondere Tiere der deutschen Piétrain Population, sehr sensibel gegenüber Stress. Dank der Anwendung des Halothantests und später eines Gentests konnte diese Sensibilität herausgezüchtet werden.

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Wenngleich das Verhalten unserer Nutztiere durch die Domestikation verändert wurde, bleiben einige ursprüngliche Verhaltensweisen erhalten. Viele dieser Verhaltensweise können züchterisch nur schwer bearbeitet werden. Ein typisches Merkmal ist das Fluchtverhalten. Ein Fluchtverhalten wird durch einen Stressor z. B. ein lautes Geräusch oder ungewohnte Besucher in den Stallungen verursacht. Stress wirkt sich u. a. auf eine verringerte Fleischqualität aus. Fleisch von Schweinen, die sehr gestresst sind weist häufig eine verminderte Qualität auf, die Saftigkeit ist herabgesetzt und die Fleischfarbe ist blass. Dieses Fleisch wird als PSE-Fleisch bezeichnet, Pale = blass, Soft = weich und Exudative = wässrig. Durch die züchterische Bearbeitung dieser Fleischqualitätsmerkmale wird auch die Stressanfälligkeit indirekt selektiert.


Ein Blick in die Historie

In den 1970er Jahren wurden gehäuft Probleme beim Transport von Schlachtschweinen beobachtet. Die Verluste während des Transportes sowie die Erhöhung eines Anteils der Schlachtkörper mit PSE-Fleisch wiesen auf ein grundlegendes Problem hin. Schweine mit diesen Problemen, litten an dem Porcinen Stresssyndrom. Stress äußerte sich bei diesen Schweinen darin, dass sich Muskeln und Gliedmaßen versteiften und Körpertemperatur, Atem- und Pulsfrequenz anstiegen. Es wurde festgestellt, dass sich das Gas Halothan ähnlich auf die Muskeln auswirkt und zu einer Versteifung der Muskeln führt. Der Halothantest wurde entwickelt und zur Selektion von stressstabilen Schweinen genutzt. Dank dieses Tests und der Anwendung der Ergebnisse in der Zucht konnte die Problematik verringert werden.


Es war schnell deutlich, dass das Stresssyndrom beim Schwein genetisch bedingt ist. Zu dieser Zeit waren die Methoden zur molekular-genetischen Untersuchung von Mutationen in den Populationen jedoch noch nicht etabliert. Eine Mutation im Ryanodin-Rezeptor Gen wurde in den 1990er Jahren als Ursache erforscht. Diese wird autosomal rezessiv vererbt. Anlageträger zeichnen sich durch eine größere Muskelmasse und geringeren Fettanteil aus. Aufgrund der Selektion der Vaterlinien auf hohen Fleischanteil und einen geringen Fettanteil konnte sich diese Mutation schnell in einigen Schweinerassen ausbreiten.

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Nach der Aufdeckung des genetischen Markers für das Stresssyndrom beim Schwein wurde ein genetischer Test etabliert, der auch heute verwendet wird. In der Statistik des Jahres 1990 war der Anteil der stresslabilen Pietraineber schon auf 30 % gesunken. Der Anteil in anderen Rassen z. B. der Deutschen Landrasse war mit knapp 10 % bereits 1990 sehr gering. Die jetzige Pietrainpopulation besteht weitestgehend aus stressstabilen Tieren.


Charakterloses Schwein

Schweine zeigen seit jeher verschiedenen Formen von aggressivem Verhalten (u.a. das Ausfechten von Rangkämpfen). Einige Sauen sind zum Beispiel aggressiv dem Tierhalter gegenüber, wenn dieser sich den Ferkeln nähert. Zusätzlich zeigen einige Sauen aggressives Verhalten (z. B. Treten und Beißen) gegenüber ihren Ferkeln. Eine erhöhte Aggressivität bei Schweinen kann vielfältige Ursachen haben. Dazu gehören Erkrankungen, Schmerzen, verunreinigte Futtermittel, schlechte Stallklimaverhältnisse, fehlende Beschäftigung und unzureichende Gestaltung der Buchten. Hormonelle Veränderungen können ebenfalls Aggressionen herbeiführen. So sind Eber ab der Pubertät im Vergleich zu Kastraten oder Sauen aggressiver. Es gibt jedoch auch genetische Unterschiede in Bezug auf diese Verhaltensweisen.

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Schweine werden in den meisten Produktionsabschnitten in Gruppen gehalten. Da diese Gruppen in den meisten Fällen wechseln, treffen immer wieder Tiere aufeinander, die sich vorher nicht kannten. Es wurde beobachtet, dass die meisten Rangkämpfe innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Zusammenführung stattfinden. Diese führen häufig zu Hautverletzungen. Nach dieser Periode lassen diese Verhaltensweisen nach, wenngleich ein gewisses Level an Aggressivität in den Gruppen erhalten bleiben kann. Genetische Unterschiede sind zwischen einzelnen Schweinen vorhanden, so gibt es aggressivere und weniger aggressive Schweine. Rangkämpfe sind als Teil der Gruppendynamik wichtig und sollten durch züchterische Maßnahmen nicht komplett verhindert, aber möglichst reduziert werden. Durch neue Haltungsvorschriften ist es von zunehmender Bedeutung, Verhaltensweisen auch in die Zucht einzubinden, so dass eine gesunde Gruppendynamik erreichet werden kann.


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Aggressivität und bestimmte Verhaltensweisen werden von der Genetik der Tiere beeinflusst. In einem Artikel wurde darauf verwiesen, dass die Erblichkeit von aggressivem Verhalten in verschiedenen Studien mit Werten zwischen 0,04 bis 0,43 erfasst wurde. Für das Auftreten von Schwanzbeißen wurden Erblichkeiten zwischen 0,05 und 0,27 veröffentlicht. Noch deutlicher sind die Unterschiede des Ferkelbeißens durch die Sau. Hier wurden Werte zwischen 0,02 und 0,9 in verschiedenen Studien geschätzt. Werte unter 0,1 weisen auf einen sehr großen Umwelteinfluss hin. In diesen Fällen wurde nur ein geringer Einfluss der Genetik festgestellt. Werte über 0,5 deuten jedoch an, dass diese Merkmale züchterisch bearbeitet werden können. Verzichtet man beispielsweise auf Sauen in der Zucht, die ihre Ferkel gezielt gebissen oder getreten haben, so kann bei einer Erblichkeit von über 0,5 eine solche Verhaltensweise zukünftig stark verringert werden.


Die große Spannbreite der festgestellten Werte weisen jedoch darauf hin, dass die Datenerfassung schwierig ist. Eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Selektion, die zu einer Verbesserung von Verhaltensmerkmalen auf den Betrieben führt, ist eine gute Merkmalsbeschreibung. Häufig geschieht dies indirekt über andere Merkmale, da die Beobachtung und Erfassung des Tierverhaltens schwierig ist und stark von den jeweiligen Umweltbedingungen abhängt. Indirekte Merkmale, welche als Indikatoren genutzt werden können, sind insbesondere bei der Zucht auf Verhaltensmerkmalen wichtig, da die Erfassung direkter Verhaltensmerkmale langwierig, aufwendig und teuer sind. Weiterhin muss die zumeist subjektive Erfassung des Beobachters berücksichtigt werden.


Die Zucht von ruhigeren Schweinen, welche sich durch weniger aggressives Verhalten auszeichnen, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Eine Umsetzung von Ergebnissen aus der Wissenschaft kann sicher in den nächsten Jahren erwartet werden. Dann werden auch Daten zu den Veränderungen der Verhaltensweisen von Schweinen in den Zuchtpopulationen vorliegen.


Hinter Gittern: Der Sauenknast

Die Gründe dafür, dass Sauen in einem Kastenstand gehalten werden, sind vielfältig. Berichterstattungen, dass Schweine ihr ganzes Leben in Kastenständen verbringen, bilden nicht die Realität ab. Sauen werden in Deutschland derzeit nur während zwei Produktionsphasen, dem Zeitraum um die Besamung und dem Abferkeln, fixiert. Nach der Besamung verbleibt die Sau meist 30 Tage im Kastenstand, anschließend wird sie mit anderen Sauen für etwa 80 Tage in einer Gruppe gehalten. Dies ermöglicht zum einen die sichere Besamung der Sau und verhindert Stress in den ersten Tagen nach der Besamung, um die Anzahl von Aborten zu reduzieren. Während der Abferkelperiode werden Sauen häufig in den sogenannten Ferkelschutzkörben gehalten. Diese reduzieren das Erdrücken der Ferkel durch die Sau und dient somit dem Tierwohl der Ferkel.

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Etwa eine Woche vor dem Termin des Abferkelns wird die Sau in den Kastenstand in den Abferkelbereich gebracht. Dieser wird auch als Ferkelschutzkorb bezeichnet. Dort bleibt sie, bis die Ferkel abgesetzt werden. Die oben beschriebene Vorgehensweise wird sich jedoch in einigen Jahren ändern bzw. nicht mehr umsetzbar sein. Durch die Siebte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung dürfen Sauen nach der Übergangszeit nur noch kurzzeitig zum Zeitpunkt der Besamung und max. fünf Tage im Abferkelbereich in Kastenständen bzw. dem Ferkelschutzkorb gehalten werden.


Hintergrund: Warum werden Sauen im Kastenstand gehalten?

Der Kastenstand entwickelte sich in den 1970er Jahren. Ab den 1980er Jahren wurden diese als Standard in den schweinehaltenden Betrieben eingesetzt. Für die Entwicklung der Kastenstände gab es in erster Linie zwei Gründe: Die Einführung der künstlichen Besamung sowie die Möglichkeit die Ferkelverluste zu verringern. Die künstliche Besamung hat zu enormen Fortschritten der Zucht beigetragen. Ab diesem Zeitpunkt war es möglich, die verbesserte Genetik weniger Eber schnell in die Betriebe einzubringen. Für eine erfolgreiche Anwendung der künstlichen Besamung galt es, Stress zu vermeiden. Sauen werden zum Besamungszeitpunkt in den Kastenstand gebracht und bleiben dort für etwa 30 Tage. Somit werden die Sauen keinen Rangordnungskämpfen in der frühen Trächtigkeit ausgesetzt und Stress wird in dieser sensiblen Zeit reduziert. Zudem müssen durch den Einsatz der künstlichen Besamung keine oder nur noch wenige Eber zur Detektion der Rausche (Zeitraum in dem ein Schwein trächtig werden kann) auf den Betrieben gehalten werden. Die Gefährdung von Tier und Mensch ist dadurch reduziert, denn die Haltung von Ebern erhöht das Risiko von Verletzungen.


Der zweite Grund für die Haltung von Sauen in Kastenständen war die Möglichkeit, die Verluste von Ferkeln zu verringern. Nach der Geburt zeigen insbesondere kleinere und schwächere Ferkel ein langsameres Reaktionsvermögen. Legt sich die Sau hin, kommt es mitunter vor, dass sich ein Ferkel noch unter ihr befindet. Einige Sauen sind vorsichtiger und legen sich langsam hin und stehen rasch auf, wenn sie ihre Ferkel quieken hören. Andere Sauen jedoch legen sich weniger vorsichtig hin und merken nicht, dass sich ein Ferkel unter ihnen befindet. Die Ferkel ersticken durch Erdrücken. Durch den Kastenstand beziehungsweise den Ferkelschutzkorb können derartige Verluste reduziert werden.


Mit gut entwickelten Systemen und einem angepassten Management kann laut einigen Studien auf Ferkelschutzkörbe in der Säugezeit zeitweise verzichtet werden. Die Möglichkeiten der Zucht auf Verhaltensmerkmale zu selektieren wurden bereits identifiziert, die Erfassung der Merkmale ist jedoch schwierig. Der zum jetzigen Zeitpunkt bereits geringere Fokus auf die Anzahl geborener Ferkel und der bestehende Fokus auf überlebende Ferkel führt möglicherweise indirekt auch zu einer Veränderung des Verhaltens der Sauen während der Säugeperiode und bereitet den Weg für die anstehenden Veränderungen in der Haltung.


Keine Perlen vor die Säue

Ein Schwein benötigt in Deutschland im Durchschnitt 2,8 kg Futter zur Erreichung des Schlachtgewichtes. In einigen Betrieben werden nur 2,3 kg Futter je kg Zuwachs benötigt. Vor 100 Jahren wurden im Vergleich dazu noch über 4 kg Futter je kg Zuwachs benötigt. Die Effizienz hat sich in der Schweineproduktion demnach in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert. Mastschweine wiegen heute nur geringfügig mehr als noch vor 60 Jahren. Laut FAO Stat haben sich die Schlachtgewichte seit 1961 um durchschnittlich 6,5 % von etwa 89 auf 94 kg erhöht. Das Alter am Ende der Mast hat sich jedoch verringert. Schweine wachsen heute aufgrund von züchterischen Maßnahmen, jedoch auch aufgrund verbesserter Fütterung, Management und Haltungsbedingungen schneller als noch in den 1970er Jahren.

Copyright: Erfolgsgeschichte Tierzucht

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Im Jahr 1955 betrug das Alter eines Mastschweins bei der Schlachtung im Durchschnitt 205 Tage, im Jahr 2010 waren es 169 Tage. Die täglichen Gewichtszunahmen stiegen stark. Lagen sie im Jahr 1955 noch bei 534 - 560 g je Tag, so wurden im Jahr 2010 Gewichtszunahmen bis über 1.000 g (zwischen 740 und 1.031 g) je Tag erreicht. Das bedeutet, dass Schweine früher geschlachtet werden können, also weniger Ressourcen verbraucht werden. Parallel konnte eine deutliche Verbesserung der Futterverwertung erreicht werden. Im Jahr 1900 benötigte ein Schwein im Durchschnitt noch über 520 kg Futter zur Erreichung eines Gewichtes von 125 kg, im Jahr 2016 waren es noch 280 kg Futter bis zu einem Gewicht von 120 kg. Diese Effizienzsteigerung ermöglicht die Erzeugung von einer größeren Menge Lebensmittel mit geringeren Ressourcen.


Schweine fressen zudem viele Nebenprodukte aus der Lebensmittel- und Industrieerzeugung. Ebenso kann nicht backfähiges Getreide, welches in Regionen mit schlechten Böden angebaut werden kann, an Schweine verfüttert werden. Schweine wandeln diese Nährstoffe in hochwertiges Protein um, welches für eine ausgewogene menschliche Ernährung wichtig ist.


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